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Sonntag, 5. Juli 2015

Insolvenzverschleppungshaftung GmbHG §§ 64 I, 84 I Nr. 2; BGB § 823 II

Insolvenzverschleppungshaftung
GmbHG §§ 64 I84 I Nr. 2; BGB § 823 II

Die Verletzung der Insolvenzantragspflicht wird regelmäßig verfolgt und auch bestraft: 

1. Die Verschleppung führt bei auch nur fahrlässiger Verkennung der Überschuldung zur Strafbarkeit, § 84 GmbHG.

2. Die durch das Urteil BGHZ 126,182 eingeleitete Verschärfung der Insolvenzverschleppungshaftung (keine Begrenzung auf den Quotenschaden) hat im eröffneten Insolvenzverfahren keine Verbesserung, das nachfolgende Urteil BGHZ 138, 211 eine Verschlechterung der Rechtsverfolgung für den Insolvenzverwalter mit sich gebracht . Neugläubiger müssen danach ihren Quotenschaden und ihren Ausfall selbst geltend machen. § 92 InsO ist durch dieses Urteil weitgehend entwertet.

3. Zahlungen, die während der Insolvenzverschleppung geleistet werden, müssen aufgrund der §§ 93 AktG, 64 Abs. 2 GmbhG, 130 a Abs. 3 HGB vom Vorstand bzw. den Geschäftsführern erstattet werden.
 
4. Die Einziehung von Kundenchecks über ein debitorisches Konto stellt eine verbotene Zahlung dar ( BGHZ 143, 184 ).


5. Die Zahlungen sind ungekürzt an die Masse zu erstatten ( BGHZ 146, 264 ). Der Haftende kann sich gegenüber der Haftung auch nicht darauf berufen, dass der Insolvenzverwalter sich die Zahlungen im Wege der Insolvenzanfechtung in die Masse zurückholen könne bzw. daß er dies versäumt habe ( BGHZ 131, 325 ).

6. Der Geschäftsführer einer Muttergesellschaft haftet selbst dann, wenn  er im Zuge einer umsatz- und gewerbesteuerlichen Organschaft die von der Tochtergesellschaft eigens für die Steuerzahlungen zur Vergütung gestellten Beträge genau für das verwendet, wofür er sie bekommen hat, nämlich für Steuerzahlungen an das Finanzamt.

7. Bei dem Vorwurf der Verletzung der Insolvenzantragspflicht müssen der objektive und der subjektive Tatbestand einer Pflichtverletzung zeitlich zusammenfallen. Das gilt auch bei einem Dauerdelikt der Insolvenzantragsverschleppung.  
8. Eine Neugläubigerin, die ihre Forderungen gegen die Insolvenzschuldnerin nach Eintritt der Insolvenzantragspflicht erworben hat, ist nicht auf die Geltendmachung eines Quotenschadens beschränkt.  
9. Beim Neugläubigerschaden bestimmt sich der Schaden nicht nach einem willkürlich herausgegriffenen Spitzenbetrag, sondern nach einem zu schätzenden Durchschnittsbetrag des durch die Verletzung der Insolvenzantragspflicht entstandenen Schadens, der dann vom Endsaldo zum Tag der Insolvenzantragstellung abzuziehen ist. OLG Koblenz, 9.12.2010.

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