Hidden Champion: Firma Penell aus Ober-Ramstadt
Elektrospezialist Penell ist dort aktiv, wo Tunnels gebaut werden
Großhandelsfirmen stehen selten im Rampenlicht. Aber unter ihnen gibt es ebenfalls sogenannte Hidden Champions, Unternehmen, die aufgrund speziellen Know-hows weltweit Kundschaft haben: So wie das Familienunternehmen Penell, einen Steinwurf von Caparol entfernt zuhause in der Farbenstadt Ober-Ramstadt.
Großhandelsfirmen stehen selten im Rampenlicht. Aber unter ihnen gibt es ebenfalls sogenannte Hidden Champions, Unternehmen, die aufgrund speziellen Know-hows weltweit Kundschaft haben: So wie das Familienunternehmen Penell, einen Steinwurf von Caparol entfernt zuhause in der Farbenstadt Ober-Ramstadt.
Von der Bahnhofstraße aus sieht man Kabeltrommeln ohne Ende im Hof lagern. Darauf unterarmdicke Leitungen. Ein erster Fingerzeig auf die Unternehmensgeschichte. Denn eine Neubaustrecke war eigentlich der Anfang der Erfolgsstory. Doch dazu später mehr.
„Eigentlich“, so sagt der gebürtige Darmstädter Kurt Penell (53), der 94 Prozent der Anteile hält, „eigentlich sind wir ein verkapptes Ingenieurbüro mit angeschlossenem Elektro-Großhandel.“ Denn die Stärken des Unternehmens liegen in der Planung und Beratung sowie im Service für rund 500 Kunden, davon 70 mit denen man intensiv arbeitet – und das abseits von Standardlösungen. Über den Preis verkaufen, das könne jeder, sagt Penell. Deshalb hat man sich kompromisslos der Qualität verschrieben, sieht sich dort vorn – was der Marge hilft, die im deutlich zweistelligen Bereich liegt. Rote Zahlen gab es noch nie, so Reinhard Halbgewachs (53), der kaufmännische Geschäftsführer. Zuvor war der Jurist als Unternehmensberater unterwegs, traf eher zufällig auf Penell und ist seit Juli 2013 an Bord.
Die gute Ertragslage ist dem besonderen Geschäftsmodell geschuldet sowie der Tatsache, dass Preiswettbewerb nicht das entscheidende Thema ist. Die Kunden murren zwar schon mal, wenn es mehr kostet, um am Ende festzustellen, dass sie günstiger gefahren sind – und schneller. Und weil Zeit gerade am Bau nun mal Geld ist und Nacharbeiten teuer, profitiert Penell von dieser Philosophie sowie von Mundpropaganda.
Die Eigenkapitalquote von guten rund 30 Prozent soll dennoch weiter verbessert werden – denn es stehen größere Wachstumsschritte an. Bei einer Branchenschwäche, so Halbgewachs, fallen diejenigen am schnellsten um, die finanziell nichts auf den Rippen haben. Gleichwohl soll an der sehr guten Lieferfähigkeit festgehalten werden, was eine entsprechende Lagerhaltung bedingt. Bei Produktionszeiten von 16 bis 18 Wochen für Hightech-Kabel ist das ein Pfund, mit dem sich im Wettbewerbsumfeld aufgrund des Termindrucks beim Kunden wuchern lässt. Zwischen sieben und neun Millionen Euro sind dadurch zwar in Material gebunden, rund 40 000 verschiedene Artikel sind sofort verfügbar („Keine Baumarktprodukte“) – aber letztlich rechnet sich das. Täglich verlassen den Angaben zufolge über 9000 Artikel das Lager. Warum mit eigenen Transportern und nicht mit Spediteuren? Die Nähe zum Kunden, der unmittelbare Kontakt an der Baustelle, derlei nutzt man für noch bessere Lösungen. Und Firmenchef Penell hat selbstredend einen Helm (gelb, damit man sich unter die Arbeiter mischen kann und nicht Chef-weiß), Sicherheitsschuhe und Overall immer im Auto dabei.
Bezogen werden die Kabel, zum Teil nach eigenen Vorgaben produziert, von Markenherstellern vor allem aus Deutschland. Aber auch in der Schweiz wird eingekauft („Top-Qualität“), sowie beispielsweise in Griechenland. Bei jedem Artikel erfolgt beim Warenausgang die Qualitätsprüfung, und das nicht stichprobenhaft, sondern immer. Weil man in Ober-Ramstadt aus allen Nähten platzt, gibt es ein Außenlager in Rohrbach und andere Möglichkeiten in der näheren Umgebung.
Anfang 1987 war der Standort bezogen worden, weil es zuvor in der Leuschnerstraße 13 – heute ein Gemüseladen – zu klein geworden war bei rund zehn Beschäftigten. Aber alles wird ohnehin nicht im Südhessischen erledigt. So besitzt man mit der Tochter Synchro Plus GmbH im brandenburgischen Haidemühl (20 Beschäftigte, drei Millionen Umsatz) einen Partnerbetrieb. Dort werden vor allem Kabel konfektioniert zur anschlussfertigen Montage. Auch in der Schweiz und Österreich, wo Penell bei den meisten großen Tunnelbauten mit von der Partie ist, hat man solche Satelliten installiert, die nicht konsolidiert werden.
Positiv wäre es, so Penell, der an der damaligen TH Darmstadt zum Diplom-Ingenieur ausgebildet wurde, spezialisiert auf Nachrichten- und Energietechnik, wenn man um die Hälfte größer wäre. Konkret bedeutet das 30 Millionen Euro Umsatz; derzeit sind es rund 20 Millionen. Halbgewachs hofft dieses Ziel schon in etwa zwei bis drei Jahren zu erreichen. Denn es stehen eine Reihe von Großprojekten an, so etwa in Norwegen der Bau von Autobahnen.
Großaufträge sind solche mit einem Auftragsvolumen zwischen 500 000 Euro und sechs Millionen, von denen man pro Jahr etwa 20 abarbeitet. Auch bei Stuttgart 21 ist man dabei. Für das umstrittene Bahnprojekt lagern eine Reihe von Kabeltrommeln in Ober-Ramstadt, abrufbereit. Aber aufgrund des Hickhacks kommt es schon mal auch für die Penell GmbH zu ärgerlichen Verzögerungen. Dadurch, dass Baukonzerne meist zwischengeschaltet sind, ist es unerheblich, dass die Aufträge mittelbar zu 80 Prozent von der öffentlichen Hand stammen. Deren oftmals schlechte Zahlungsmoral ist deshalb hier kein Thema. Die Finanzierung von Großaufträgen aber schon, zumal wenn man in den USA, Indien, Dubai oder sonst wo auf der Welt aktiv ist.
Diese Expansion zu begleiten, das konnte die Volksbank Modau als Hausbank zuletzt nicht mehr. Denn Kredite müssen durch Basel III mit mehr Eigenkapital abgesichert sein, und Penell ist zu groß geworden. Deshalb geht man nun, so Halbgewachs, andere Wege der Finanzierung, nutzt Forfaitierung (dazu das Stichwort). Das ist beispielsweise jetzt bei einem Großauftrag in Chile nötig, wo bei einem Wasserkraftwerk ein Tunnelsystem mit insgesamt 60 Kilometer Länge verkabelt wird; im Schlepptau des Bauriesen Strabag kam Penell mit ins Boot. So läuft es meist. Denn das über Jahrzehnte erworbene Know-how gilt quasi als Alleinstellungsmerkmal. Diese exponierte Marktposition erlaubt dann auch einen „Engineering-Zuschlag“, welcher der Marge guttut.
Die Beschäftigtenzahl von aktuell 31 Frauen und Männern zuzüglich vier Auszubildende (Energieanlagenelektroniker, Groß- und Einzelhandelskaufmann) soll zwar nicht parallel zum Umsatz zulegen. Aber sie dürfte natürlich auch wachsen, wobei man bei übertariflicher Bezahlung und 40-Stunden-Woche vor allem auf Fachkräfte fokussiert ist. Denn die Beratung wird immer wichtiger neben der Flexibilität. Die Arbeitszeit dauert übrigens von morgens sechs bis abends sechs – angepasst an den Schichtwechsel auf den Großbaustellen.
Zurück zu den Anfängen. Waldtraut Penell, heute noch im Unternehmen tätig mit 78 Jahren, gab 1981 den Startschuss. Ihr Mann, Leiter der Forschung bei Caparol, sah das zunächst nicht gerne, war aber bald stolz auf seine Frau. Und die suchte eine Herausforderung, „weil sie um eins mit dem Haushalt fertig war.“ In der Schweiz aufgewachsen hatte sie zunächst das Hotelfach gelernt. Aber dann als damals fast einzige Frau erfolgreich das Studium der elektrischen Energietechnik bestritten – und praktische Qualitäten gezeigt. Betraut mit 74 Tunnelbaustellen bei der Neubaustrecke der Bahn zwischen Hannover und Würzburg kam der Durchbruch. Der Monatsumsatz stieg über Nacht auf das Niveau eines Jahresvolumens.
Waldtraut Penell baute das Unternehmen aus mit maßgeschneiderten Lösungen für die Erstinstallation und die laufende Materialversorgung von Gewerbe- und Industrieanlagen, Schulen und Gesundheitseinrichtungen, Handel und Handwerk. Und verhandelt heute noch am Telefon kompetent mit Kunden. Das sei eben ihr Baby, das wolle man ihr nicht nehmen, sagt der Sohn. Aber die nächste Generation schickt sich an, dafür zu sorgen, dass Penell in Familienhand bleibt und der Name am Markt weltweit seinen guten Klang behält. Mit Kompetenz und dadurch, dass man auch im Erfolg „den Ball flach hält“.
Ein kleines Ladengeschäft, in dem Waschmaschinen stehen oder Haarföhns feilgeboten werden, gibt es wohl deshalb immer noch. Und obwohl man in der näheren Umgebung für die größeren Aufträge kaum Kunden hat, schwört Kurt Penell auf den Standort. Nicht nur wegen der Nähe zur heutigen TU. Es gibt schlechtere Aussichten für Beschäftigte.
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